Warum Kalifornien der EU beitreten sollte
Blog, 19/01/2025, von Sven Franck (au français, in english)
Am Vorabend der Vereidigung des Präsidenten der Vereinigten Staaten fragt sich die Welt, was aus Europas transatlantischer Partnerschaft und fast 70 Jahren Stabilität werden wird. Amerikas neuer Präsident spricht schon vorab Klartext: Panama, Kanada und Grönland - Außenpolitik ist jetzt das Recht des Stärkeren. Egal ob Einmarsch, Annektierung oder heiße Luft, die Welt wird nach dem 20. Januar eine andere werden.
Wir sollten uns fragen, wie die Antwort eines vereintes Europas auf das Säbelrasseln unseres langjährigen Partners aussehen muss. Inspiration findet sich im Handbuch für Populisten: Wenn Donald Trump über Grönland jenseits von Recht und Ordnung fabuliert, sollte Europa es ihm gleich tun und Kalifornien vorschlagen, der EU beizutreten.
California love
Mit einem Bruttosozialprodukt von vier Billionen Dollar wäre Kalifornien nach den USA, China und Deutschland die viertgrößte Weltwirtschaft und neuer Motor Europas. Im Silicon Valley könnte man in die Zukunft europäischer Industrien statt in Saftpressen investieren. Die Europäische Kommission könnte ihr Bürokratie-Dogma durch “Innovation in Green-Tech” ersetzen, da im neuen Europa fortan die schlausten Köpfe der Welt den Klimawandel zu stoppen versuchen, statt die Blicke in den Abgrund der menschlichen Seele auf Social Media Plattformen zu optimieren.
Das Erfolgsmodell Kalifornien setzt dabei Maßstäbe: Immigration als Wettbewerbsvorteil würde die Ideologien der rechtsextremen Parteien untergraben während der kalifornische “Way of life” der konservativen DNA Europas eine längst überfällige Dosis “easy-living” verpasst.
Should I stay or should I go now?
Die aktuelle und wohl größte Feuerkatastrophe seit London (1555) und Chicago (1871) ist nur der Anfang: Kalifornien ist für Donald Trump das Äquivalent von “Woke” für die deutsche AfD. Als Maga’s “Voldemort” wird der neue Präsident nichts unversucht lassen, das kalifornische Lebensmodell zu demontieren und neue Feuer zu entfachen, statt die Opfer der aktuellen Katastrophe zu unterstützen.
Die Bürger Kaliforniens können wählen: Zwischen einer Union, die sie mit offenen Armen empfängt oder einer, die die Arme vor Ihnen verschränkt. Zwischen einer Union, die den Klimawandel bekämpft, oder einem Präsidenten, der Kalifornien die nächste Naturkatastrophe wünscht. Zwischen einer Union, deren Motto “Geeint in Diversität” ist oder einer Regierung, die Deportationen ankündigt. Auf den Titel von The Clash folgt “if you go it will be trouble, if you stay it will be double”. Kalifornien war schon immer First-Mover. Es ist Zeit zu gehen.
Europa ist bereit
Ob Niederländische Antillen oder Französisch Polynesien: Kalifornien wäre eine Erweiterung der Europäischen Union, die wie die britische Commonwealth globale Reichweite entfalten könnte. Die EU hat sogar eine Kommissärin für EU-Erweiterung, die jüngst verkündete, dass Albanien und Montenegro für den EU-Beitritt 2028 bereit sind. Warum nicht ambitionierter? Mit Kalifornien in Europa.
Die Präsidenten vieler EU-Mitgliedsstaaten mahnen längst ein stärkeres Europa an. Es ist jedem bewusst, dass die neue Weltpolitik ein supranationales Europa verlangt. Mit europäischer Verteidigung und qualifizierten Mehrheiten, um agieren zu können. Mit einem europäischen Parlament, das viele kalifornische Abgeordneter zählen wird und nicht länger das einzige Parlament der Welt ohne gesetzgebende Kompetenz bleiben kann.
Im Zuge einer solch bedeutenden EU-Erweiterung kann Frankreich seinen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat der EU überlassen, während die kalifornischen Abgeordneten im Parlament eine Versammlung zur Verfassung der Konstitution eines föderalen Europas einberufen. Kalifornien kann Europa in die Zukunft führen. Wenn es der Europäischen Union beitritt.